Mittwoch, 29. November 2006

Arab Strap, Paris, 28.11.06

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Konzert: Arab Strap
Datum: 28.11.2006
Location: Trabendo, Parc de la Villette, Paris
Zuschauer: circa 350 trauernde Arab Strap Fans


Heute war ein ganz mieser, grauer Novembertag. Den ganzen Tag hat sich die Sonne nicht einmal blicken lassen. Ideale Voraussetzungen also, um sich auf das Abschiedskonzert der Schotten von Arab Strap vorzubereiten, welches sie unter dem Motto: "Arab Strap, Ten years of tears", stattfinden lassen. Im März hatte ich die beiden Köpfe der Band, den blonden Gitarristen Malcolm Middleton und den beleibten, bärtigen Sänger Aidan Moffat zum ersten Mal live erlebt. Schade, daß sich unsere Wege schon so schnell trennen müssen... Von den zehn tränenreichen Jahren habe ich allerdings erst die letzten beiden so richtig mitbekommen, denn vorher kannte ich die Band überhaupt nicht. Das Jura-Studium führt halt eben zu kultureller Abstumpfung! Aber besser spät als nie und so habe ich wenigstens das Ende dieser fabelhaften, aber sehr diskreten Gruppe mitbekommen.

Um die Engländer Field Music nicht zu verpassen hatte ich mich extra frühzeitig auf die Söckchen gemacht, aber anstatt der vorzüglichen Engländer aus Sunderland sah ich zu meiner Enttäuschung einen französischen Barden, nur ausgestattet mit Klampfe und Mundharmonika. Mit seinem ovalen Gesicht und seiner an Prinz Eisenherz erinnernden Frisur sah er ein wenig seltsam aus. Zudem kam er aus Clermont-Ferrand, einer Stadt, die in Frankreich dafür bekannt ist, das letzte Kaff zu sein. Vielleicht vergleichbar mit Koblenz. Aber das spielte letztlich überhaupt keine Rolle, denn schlecht war er keineswegs, eher ziemlich gut und talentiert. Wie ich hinterher aus seinem eigenen Munde erfuhr, nennt er sich Leopold Skin. Hmm, im Auge behalten!

In der Pause guckte ich mir den Merchandising-Stand an und entdeckte so einige lustige T-Shirts unter anderem eines mit dem Aufdruck: "Dead is not the end." Zu sehen war ein Grabstein, eingraviert mit dem Bandnamen plus der Angabe 1996-2006. Aus dem Grab lukte eine Hand hilfesuchend hervor. Witzig auch dasjenige mit dem Aufdruck: "Tears R us", in der Anspielung auf den Spielzeughersteller.

Pünktlich um 21 Uhr ging dann das Licht aus und zur Belustigung des Publikums ertönte schottische Dudelsackmusik. Die Band legte im ersten Teil mit einigen Titeln von dem letzten Album "The last romance" los, darunter Stücke wie "Stink", "No hope for us", "Don't ask me to dance", "Confessions of a big brother", "Dream Sequence"( ich glaube das war der Opener). Genannte Lieder sind gute Beispiele für den Stil von Arab Strap, der einmal mit Post-Folk bezeichnet wurde. Ein ständiger Wechsel zwischen sehr gemächlichen, sich dahinschleppenden Nummern und plötzlichen Tempowechseln, die oft in einen regelrechten Gitarrenwirbel münden. Die Beschreibung depressiv und sautraurig würde es aber auch gut treffen, nicht umsonst wurde der Slogan mit den Tränen als Motto für die Farewell-Tour gewählt. Ein völlig besoffener Schotte sagte mir dann auch:" Oh man, this is fucking sad, how can a person be this depressed?" Den Rest verstand ich ich ob seines schottischen Akzents und seiner alkoholbedingten Aussetzter nicht richtig. Mal an dieser Stelle ein Wort zum Publikum: irgendwie passend zu einer solchen Abschiedstournee war es traurigerweise ziemlich leer, aber dafür waren hier Fans und Kenner unter sich. Sollen die anderen doch zu Placebo oder Muse gehen! Unter den Zuschauer diesmal nach langer Zeit mal wieder ein alter Bekannter. Ein dicklicher Franzose nämlich, der mir beim Bright Eyes Konzert 2005 aufgefallen war. Er ist abgesehen von seiner Körperfülle deshalb gut zu erkennen, weil er immer in der ersten Reihe steht, grinst wie ein Honigkuchenpferd und Luftgitarre spielt. Zudem schießt er permanent Photos aus nächster Nähe und diesmal hatte er sogar eine niegelnagelneue Kamera dabei. Interssant ist, daß das Publikum immer ein wenig wie die Bandmitglieder aussieht, ist fast wie beim Hund und seinem Herrchen. In unserem Fall war eine Ähnlichkeit zwischen Sänger Aidan Moffat und dem Honigkuchenpferd nicht zu
bestreiten. Beide fett und vollbärtig, allerdings lacht Aidan nur sehr selten. Häufiger trinkt er Bier (ich habe circa 8 Fläschen gezählt), streicht sich über den Bart und verschließt beim Singen die Augen. Nonverbale Kommunikation zwischen ihm und Malcom: null! Die beiden haben sich wohl wirklich nicht mehr viel zu sagen. Malcolm verzog übrigens während des ganzen Konzerts keine Miene, sondern zupfte bloß stoisch an seiner Gitarre. Selbst die Zurufe der besoffenen Schotten: "Malcolm, we love you" oder auch "Malcolm: Fuck you!" schien er einfach zu überhören.

Gespielt wurden natürlich auch viele alte Titel, darunter die erste Single: "The first big weekend", die damals von Radio one zum besten Lied des Jahrzehnts gewählt wurde. Die Kritiker standen immer auf der Seite von Arab Strap aber leider hatten sie zuwenige Fans. Gemeines Musikbusiness... Nach hundert traurigen aber musikalisch hochklassigen Minuten hieß es dann: "This is our last song. Maybe we will see us again in the future". Thank you for your support. Eine kleine Träne hing dabei in den traurigen Augen von Aidan und ich fühlte mich auch ein wenig betröpfelt. Hoffnung macht allerdings die Tatsache, daß Malcolm Middleton ein gutes letztes Solo-Album abgeliefert hat und das auch Aidan eigene Platten herausbringen wird. Bye, bye, ihr Melancholiker!!

von Oliver



Samstag, 25. November 2006

The Isles, Paris, 24.11.06

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Konzert: The Isles
Datum: 24.11.2006
Location: Nouveau Casino, Paris
Zuschauer: gut gefüllt, aber nicht ganz ausverkauft

Zur Vorbereitung auf das Konzert habe ich heute ein wenig Recherche auf MySpace betrieben. Gestoßen bin ich auf die aus Calgary, Kanada, stammende Band The Dudes. Da mir die verfügbaren Titel gefielen, bin ich prompt Freund geworden. Als ich aber das Konzertticket hervorkramte, sah ich, daß die Vorgruppe The Dude heißt und aus Rennes, Frankreich stammt. The Dude (die aus Frankreich) habe ich letzlich verpasst, da ich etwas zu spät kam, dafür haben mir aber The Dudes einen netten Kommentar auf meiner MySpace Seite hinterlassen: "Oliver, keep Europe clean." Eine wirklich amüsante Geschichte. Für die vier jungen New Yorker von der Gruppe The Isles, kam ich aber genau rechtzeitig. Als ich den verqualmten, kleinen Saal betrat, stimmten sie nämlich gerade ihren ersten Titel an. Mit "Perfumed Lands" haben die Amerikaner gerade ihren ersten Longplayer herausgebracht und was für einen! Seit geraumer Zeit läuft die hochmelodische Scheibe bei mir in Dauerschleife. Lied zwei dann sofort schon einer meiner Favoriten, nämlich "Summer Loans". Hier kommen alle Stärken der Band zur Geltung, nämlich die sonnigen Dingel-Dengel-Gitarren und der sentimental schmachtende Gesang à la Morrissey. Ein perfekter Auftakt. Sehr schön dann auch "Flying under cheap kites", mit der brillanten Songzeile: "I'll be dead, but there's nothing worth dying for". Das hätte auch Mozer nicht pessimistischer formulieren können. Toll dabei ist der Kontrast zwischen der unschuldig, lieblichen Stimme von Sänger Andrew und dem schwarzen Text. Danach stellten sie sich artig vor und sammelten Bonus (Schleim)-Punkte, als sie sagten, daß sie Paris lieben würden und überhaupt ganz Frankreich. "Viel besser als in England hier, vor allem das Essen." Hätten sie das noch auf französich gesagt, wären ihnen defintiv alle Herzen zugeflogen. Aber auch so kamen sie gut an, vor allem auch, weil sie sich eine relativ amateurhafte Seite behalten haben. Im Grunde genommen, baten sie den armen Soundingenieur so ziemlich nach jedem Lied, irgendwelche Regulierungen vorzunehmen. "Tut uns leid, wir sind heute zu spät zum Soundcheck gekommen." Zudem traf Andrew auch nicht jeden Ton, was aber durchaus zum Charme der Sache beitrug. Leider war der Abend dann auch schon ziemlich schnell zu Ende, da das Debütalbum nur gut eine halbe Stunde lang ist. Um das Set etwas zu strecken, nahmen sie deshalb auch noch 2-3 neue Lieder mit dazu. Schönstes Lied des Konzerts war für mich "Eve of the battle", ein veritabler Hit mit einer wunderschönen Melodie die da lautet: "Two are there sharing all their air I want for nothing even so, there is nothing to rely on". Was Christoph besonders freuen dürfe: am Ende wird nur noch la,la,la gesungen. Beendet wurde das Konzert mit der letzten Zugabe "Terraforming". Danach hatten, wie sie selbst sagten, keine Lieder mehr, die sie hätten spielen können. Sehr sympatisch also das Ganze, wenn auch noch ein ganz klein wenig geübt werden muß, damit die Songs noch ein bißchen besser flutschen.

von Oliver



Donnerstag, 23. November 2006

Two Gallants, Cold war kids, Hopper, Paris, 22.11.06

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Konzert: Two Gallants, Cold war kids & Hopper
Datum:22.11.2006
Location: Nouveau Casino, Paris
Ausverkauft


Heute stand ein richtiger Bluesrock-Abend auf dem Programm, denn alle drei Gruppen könnte man trotz musikalischer Unterschiede unter dieses Genre zusammenfassen. Bei Bluesrock denkt man natürlich in erster Linie an Amerika und liegt damit auch meistens richtig, bei der Band Hopper jedoch nicht. Hinter dem Namen verbirgt sich nämlich ein französisches Quartett, beheimatet in Paris. Die Gruppe existiert bereits seit 1999, hat aber bisher erst ein Album mit dem schönen Titel "A tea with D" herausgegeben, welches ich nun in signierter Ausgabe besitze. Bei Hopper dominieren die Frauen, zumindest stimmlich, denn mit Aurélia Rivage und vor allem Dorothée Hannequin haben sie gleich zwei Sängerinnen, die von zwei männlichen Kollegen an Bass und Schlagzeug begleitet werden. Die zierliche Dorothée ist eine richtige Rockröhre, Vergleiche mit Courtney Love oder Dale Brodie von den Distillers erscheinen mir nicht abwegig. Der Sound der Band ist aber nicht so punkig wie bei den zuvor zitierten Ladys. Bluesangehauchter Rock trifft es schon ziemlich gut. Nicht überraschend also, daß sie Sparklehorse als Einfluss nennen. Über jedem Titel schwebt eine leichte Melancholie, vielleicht deshalb auch die Nennung der sehr sentimentalen Band Blonde Redhead als weitere Inspirationsquelle. Einen französischen Akzent hört man übrigens nicht heraus, man könnte sie wirklich für Amerikaner halten, wenn sie nicht die Ansagen auf französisch bringen würden. Mir hat ihr circa halbstündiges Set auf jeden Fall ziemlich gut gefallen und ich werde sie im Auge behalten, schon allein deshalb, weil ihr zweites Album, welches übrigens in Seattle produziert wurde (mit einem Produzenten, der u.a. schon für The Gossip gearbeitet hat), demnächst erscheinen wird.

Zu meiner Überraschung hatten die Veranstalter nach Hopper noch die Cold War Kids kurzfristig ins Programm genommen. Bei dieser jungen, amerikanischen Band handelt es sich um eine der Hoffnungen der Indieszene für 2007. Der britische NME hat sie kurzerhand schon zur besten neuen, amerikanischen Band benannt und bei MySpace haben sie bereits 200.000 Profilaufrufe und über 18.000 Freunde, obwohl ihr Debütalbum noch gar nicht erschienen ist. Entsprechend gespannt war ich natürlich auf ihren Auftritt. Der erste Song brachte den erwarteten Blues-Rock, aber einige rasante Tempowechsel und experimentelle Einlagen machten schon deutlich, daß man es hier mit einer überaus ambitionierten Gruppe zu tun hat. Kritiker werden das lieben, bei den Musikfans muß man abwarten. Der zweite Titel dann driftete plötzlich in der Mitte in eine Rap-Nummer à la Beastie Boys ab. Das Publikum war verblüfft, aber dies sollte der einzige Titel in diesem Stile werden. Ich muß an dieser Stelle mal ein paar Worte über den Sänger verlieren.

Äußerlich erinnert er mich ein wenig an den durchgeknallten Typen, der in "Natural Born Killers" an der Seite von Juliette Lewis gespielt hat. Kennt hier jemand dessen Namen? Stimmlich hat er eine erstaunliche Bandbreite, zur Verdeutlichung könnte man den knarzigen Sänger von Modest Mose nennen, aber auch Tom Waits, Jack White von den White Stripes oder den Sänger von Clap your hands say yeah. Genannte Namen verraten schon einiges über den Sound der mal bluesig, mal soulig, dann wieder rockig rüberkommt und fast immer eine leicht experimentelle Note hat. Überraschende Tempo-und-Stilwechsel sind keine Seltenheit und der Sänger setzt sich auch das ein oder andere mal an das Piano, um seine Band zu begleiten. Bei einer solchen Komplexheit fällt es mir schwer, jetzt schon ein Urteil zu bilden, denn die vier Amerikaner sind definitiv originell und innovativ, haben aber auch einen nicht zu unterschätzenden Nervfaktor.

Das Gleiche kann natürlich auch für den Haupt-Act des Abends die Two Gallants aus San Francisco gelten. Bis 22 Uhr 45 haben uns Sänger Adam Stephens und der langmähnige Drummer Tyson Vogel warten lassen, bis sie mit einer ihren unendlich traurigen Western-Balladen endlich ihr Set starteten. Bei den Two Gallants ist alles minimalistisch gehalten, es gibt nur Schlagzeug, Gitarre und Mundharmonika als Instrumente. Mehr brauchen sie aber auch nicht, um eine besondere Atmosphäre hinzuzaubern, denn beide legen sich dermaßen ins Zeug, daß man das Gefühl hat, sie hätten nichts dagegen, auf der Bühne zu sterben. Sänger Adam krächzt, jault und schreit sich die Seele aus dem Leib und Drummer Tyson headbangt regelrecht über seinem Schlagzeug. Soviel Einsatz und Hingabe sieht man selten, auch wenn es musikalisch zuweilen etwas amateurhaft erscheint. Aber gerade dieses Rohe, Unfertige, Spröde macht den besonderen Charme aus. Mein persönliches Higlight kommt mit "Steady rollin" schon an zweiter Stelle, ein Lied so herzzerreissend schön, daß auch noch dem hartgesottenstem Cowboy die Tränen kommen könnten.

Danach leider ein kleiner Leerlauf, da teilweise einfach nur instrumentell geschrammelt wird oder aber langsame Endlos-Songs (oft bis zu 10 Minuten) die Geduld etwas strapazieren. Zum Glück lassen sie es aber dann mit "Las Cruces Jail", der ersten Single, so richtig krachen und insbesondere die Songzeile " I put you in my collection of regrets" hat es mir wieder angetan. Sehr schön auch "The Prodigal Son" und "Waves of grain", die einen noch einmal gedanklich tief in den wilden Westen tragen. Das gesamte Set haben sie übrigens den Cold war kids gewidmet, die sie anscheinend sehr schätzen. Ein tolles Konzert einer sympatisch kauzigen Band!


von Oliver



Sonntag, 19. November 2006

Art Brut, Paris, 18.11.06

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Konzert: Soirée We love Trax: Stargast Art Brut

Datum: 18.11.2006
Location: Cité des sciences , Parc de la Vilette, Paris
Zuschauer: ein paar Tausend, ausverkauft


Die französische Musikzeitschrift Trax hat das Erscheinen der 100. Ausgabe des Magazins zum Anlaß genommen, eine große Fete mit etlichen DJs und den Stargästen von Art Brut zu veranstalten. Trax ist ähnlich wie die deutsche Spex spezialisiert auf elektronische Musik, sie bemühen sich aber immer wieder auch über Rockacts zu berichten. Als Austragunsort wurde hipperweise ein Museum ausgewählt, nämlich das Museum für Wissenschaft und Technik, cité des arts et de l'industrie, auf dem Gelände von la Villete, wo sich u. a. auch der große Konzertsaal le Zénith befindet, indem ich u.a. schon Oasis gesehen habe. Die Organisation des Einlasses war aber alles andere als eine technische Meisterleistung, denn bei unangenehmen Nieselregen standen wir eine geschlagene Stunde in einem riesigen Pulk von Menschen, die, wie wir, trotz bereits geordeter Tickets Schlange stehen mussten. Fast drohte die Situation zu eskalieren, da Leute (Cécile und ich gehörten auch dazu) gewaltsam gegen die Absperrungen vor dem eigentlichen Eingang gedrückt wurden. Schlimme Erinnerungen an Katastrophen in Fußballstadien wurden da wach und so überraschte es nicht, daß man etliche weinende junge Frauen sah, die mit der Situation nicht klar kamen.

Irgendwann waren wir aber zum Glück unverletzt drin
und der schönere Teil des Abends konnte beginnen. Als Cécile und ich gerade Tickets für den Getränkekonsum kaufen wollten, liefen uns Eddy "Art brut" Argos und Jasper "Art brut" Future über den Weg. Ich sprach die beiden unverblümt an und Eddy sagte vollkommen glaubwürdig, daß er sich an mich erinnere, da wir bereits beim Frequency Festival in Salzburg ein wenig geplaudert hatten. Er wußte sogar noch, daß er ein Autogramm und einen Kommentar (art brut top of the pops) in mein schwarzes Büchlein geschrieben hatte. Wir fragten, ob sie neue Songs im Gepäck hätten, worauf die beiden schelmisch lachten und sagten: "ja schon, es sind bloß seit ein paar Monaten immer die gleichen "neuen Songs" wie z.b. "Nag nag nag nag". Wir verabschiedeten uns mit den besten Wünschen, sahen die beiden aber fünf Minuten später wieder, als sie nämlich mit uns die Rolltreppe zur Bühne hochfuhren. "Ihr schon wieder," raunzten sie uns zu.

Oben angekommen, gingen sie dann ohne das geringste Zögern direkterhand auf die Bühne. Unser Plausch fand somit eine Minute vor dem Konzert statt! Der Auftakt erfolgte traditionellerweise mit "Formed a band" und sorgte gleich für gute Stimmung. Es wurden sämtliche Hits des Kultalbums "Bang bang rock'n roll" gespielt, natürlich inklusive der lustig-ironischen Songzeilen und der beißenden Kommentare von Eddy. Als da wären: "we wrote the song that will make israel and palastine get along, yes, this is my singing voice, it' s no irony, ("formed a band"), i drink hennessy with morrissey ("moving to LA"), i know i can, i know a can, i'm fine, when i'm with my own hands ("rusted gun of milan", in dem es um Errektionsprobleme geht), etc. Nach dem für mich besten Song "My little brother", in dem Eddy immer seine rechte Hand in einem unglaublichen Krümmungswinkel nach unten streckt, um zu zeigen, wie klein sein Bruder sei (obwohl der doch bereits 22 ist!) folgte, die für mich nach dem fünften Art brut Konzert, bereits hinreichend bekannte Ankündigung von "Good weekend". Eddy zählte auf, in welchen Ländern das Lied Nummer eins gewesen sei. Diesmal waren das Japan, Jamaica, Australia, Germany (das war neu in der Aufzählung!), Former Jugoslavia und natürlich Disney Land. Es ging noch mal ordentlich zur Sache und am Ende stieg der deutsche Schlagzeuger auf ein kleines Podest und trommelte wild von oben ein. Es war, wie immer, köstlich und überaus unterhaltsam. Die nette deutsche Bassistin Freddy Feedback war dann noch so lieb, obwohl bereits von der Bühne, uns die Setliste zu holen. Sie erzählte uns noch, daß es jetzt ins Studio gehe, um das zweite Album in den Kasten zu kriegen, das dann hoffentlich (dabei kreuzte sie die Finger) im März in den Läden stehen werde. Der Abend ging noch bis in die frühen Morgenstunden weiter, aber für uns war das Highlight gelaufen. Erwähnen möchte ich nur an dieser Stelle den Auftritt des französischen DJ Justice, der mit "We are your friends" sogar einen Hit in England hat.

Setlist Art Brut:

00: Rawk Intro
01: Formed a band
03: Bang Bang Rock and Roll
04: These Animal Menswe@r
05: Bad weekend
06: Blame it on the trains
07: Moving to LA
08: Rusted gun of milan
09: Modern art
10: St. Pauli
11: Post southing out
12: Emily Kane
13: Nag nag nag nag
14: 18.000 Lira
15: My little brother
16: Good Weekend

von Oliver

Links:

- Interview mit Art Brut
- Art Brut live: in Köln (04.10.07)
- in Frankfurt (30.09.07)
- in Luxemburg (24.06.07)
- in Köln (05.06.07)
- mehr Fotos: Frankfurt
- Fotos aus Luxemburg



Samstag, 18. November 2006

Babyshambles, Live Music Hall Köln, 20.11.2006

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"Die Tournee der Babyshambles wird aus logistischen Gründen auf Januar 2007 verschoben. Bereits erworbene Tickets behalten ihre Gültigkeit, die Nachholtermine werden umgehend bekannt gegeben."
www.livemusichall.de

Mein fünfter Versuch, die Babyshambles zu sehen (Rock am Ring, Köln, Köln, Köln, Köln).




Freitag, 17. November 2006

You say party! We say die!, We are Scientists, Paris, 16.11.06

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Konzert: You say party! We say die! & We are Scientists
Datum: 16.11.2006
Location: La Maroquinerie, Paris
Zuschauer: ausverkauft


Eigentlich hatte ich mich pünktlich in meine ultracoolen texanischen Cowboystiefel von Lucchese geschwungen, aber die durch den Aufriß der kompletten rue de menilmontant entstandenen Bauarbeiten, die für Verspätungen im Busverkehr sorgten, verhinderten wieder einmal ein rechtzeitiges Eintreffen.

Somit mußte ich den ersten Act des jeden 3. Donnerstag stattfindenden Inrocks-Indieclub ausfallen lassen, es handelte sich um Tchen Tchen. Wenigstens war ich aber pünktlich für die aus Vancouver, Kanada stammenden You say party! We say die! Der heutige Abend stellte ein wenig ein Kontrastprogramm zu meinem gestrigen dar, den ich auf dem Hausboot Batofar verbracht hatte. Dort spielten durchweg französische Dreampop-Gruppen, wie z.B. Chateau Marmont, Tahiti 80 und Fugu. Heute war eher rockigeres bis punkigeres angesagt. Punk ist das Stichwort, denn den Stil der Kanadier kann man als Punk-Pop bezeichnen, der im Moment ziemlich angesagt ist, was erfolgreiche Gruppen wie die Yeah Yeah Yeahs, Be your own pet und Love is all belegen. All diese Gruppen eint wohl mehr oder weniger, daß sie Abkömmlinge von Blondie sind. Los ging es mit "Stockholm Syndrome Teil 1 und Teil 2", um dann schon den bisher größten Hit "You did it" folgen zu lassen. Dem Publikum gefiel's, mir auch. Damit hatte die Band um die braungelockte, freche Sängerin Becky aber bereits ein paar der besten Lieder verbraten. Nicht, daß der Rest des Sets schlecht war, nein, nein, aber man merkte doch so langsam, daß sich die Songs alle ein wenig ähneln. Vielleicht deshalb auch der Kommentar von Becky: "Wir spielen heute einige neue Stücke, einige der alten langweilen uns schon." Ich fragte mich, was alt bedeutet, denn das Debütalbum ist gerade erst erschienen. Die "neuen" Titel waren auf jeden Fall nicht übel, genannt seien hier "Poison Preachers" und "Sugar Monster". Den Kanadiern selbst machte es sichtlich Spaß in der französischen Hauptstadt zu spielen. "It's our first time in Paris, we are so excited." Ein paar der Zuschauer fragten bereits, wann sie denn wiederkämen. "Oh, frühestens im Frühjahr, leider.." Vielleicht werde ich dann auch dabei sein, denn was hier geboten wurde, war zumindest kurzweilig, wenngleich nicht sonderlich originell. Aber es muß ja auch nicht alles immer innovativ sein, um die Leute aufzuwärmen hat es allemal gereicht.

Setlist:
01: Stockholm Syndrome, Part 1
02: Stockholm Syndrome, Part 2
03: You did it!
04: Mayors (neu)
05: Five year plan (neu)
06: Midnight snack
07: Love in the new millenium
08: Poison Preachers (neu)
09: Sugar Monster (neu)
10: Cold hands, hot bodies
11: Me, She....

12: The Gap (between the rich and the poor)
13: Care (neu)

Die anschließenden Umbauarbeiten dauerten dann ziemlich lange, belustigend war allerdings, daß die Roadies T-Shirts von Metallica, bzw. den Arctic Monkeys trugen.

Um zehne ging dann das Licht aus und zum siebten Male hieß es für mich: "Hello we are Scientists". Eigentlich war es aber eine Premiere, denn die Wissenschaftler hatte ich bisher immer nur als Vorgruppe oder im Rahmen von Festivals gesehen.

Der Beginn war aufgrund der umfangreichen Schilderung von Christoph dann keine Überraschung mehr, denn zur Verblüffung der Nichteingeweihten erklang "Against all odds". Die Amerikaner scheinen vor nichts zurückzuschrecken! Relativ bald verklang aber die schmalzige Nummer und es ging mit meinem Lieblingslied "Cash Cow" gleich in die Vollen. Der Auftakt war also gelungen.

Nach ein paar mäßigeren Titeln wurde ich aber wieder daran erinnert, daß We are Scientists leider nicht beständig gut sind. Mir schwante auch woran das lag: Sänger Keith hat schlichtweg keine überragende Stimme! Die melodiösen Gitarrenriffe, markanten Bassläufe und vor allem das stakkatoartige Schlagzeug sind aber schon was Feines. Diese Stärken kamen dann insbesondere bei "Nobody move..." oder auch "Lousy reputation" zur Geltung. Dazwischen aber immer wieder durchschnittliche Kost, wozu ich auch leider die meisten neuen Songs zählen muß. Ich weiß nicht, ob das zweite Album ein großer Wurf wird. Schaun' mer mal. Immer wieder lustig allerdings die Dialoge zwischen Sänger Keith und Bassist Chris. Erinnerte fast ein wenig an Kienzle & Hauser. So erklärten sie uns z.B. warum sie Bodyguards bräuchten ("wir reden immer so viel dummes Zeug, das könnten ein paar Leute mißverstehen") und daß sie gerne noch in Paris blieben und nicht viel Lust auf den anstehenden Gig in Lille hätten. "Paris ist toll, wir haben schon ein englichsprachiges Kino ausfindig gemacht, das reicht uns schon.." Zum Ende hin wurde aus auch noch mal musikalisch stärker, denn sie brachten die Zugnummern "Inaction" und "The great escape". Dann verließen sie die Bühne und jeder dachte, es sei zu Ende. Zur Überraschung aller kamen sie aber noch mal zurück und beendeten das Konzert, wie sie es begonnen hatten. Mit einer Coverversion nämlich und zwar der Schmonzette "Be my baby" von den Bay City Rollers (oder war das von den Searchers?). Ein versöhnlicher Abschluß eines Konzertes einer passablen Band, die, wenn auch musikalisch nicht ganz in der Champions-League des Indie-Rock spielend, doch zumindest immer wieder sehr unterhaltsam ist.

von Oliver



Mittwoch, 15. November 2006

Babyshambles, Paris, 14.11.06

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Konzert: Babyshambles
Ort: Elysée Montmartre, Paris
Datum: 14.11.2006

... Am Ort des Geschehens angekommen, erklomm ich die Stufen, um zu dem Konzertsaal zu gelangen. Just in diesem Moment erklang "Albion" und noch bevor ich eingetreten war, schien mir klar, daß Pete heute abend in guter Form sein würde, denn seine Stimme war fest und er lallte auch nicht. Im Inneren machte ich mich auf die Suche nach Cécile, die ich aber bis zum Schluß des Konzertes nicht fand, obwohl der stuckverzierte Saal nur zu maximal 2/3 gefüllt war. Cécile berichtete mir Folgendes über den Beginn des Gigs:

"Entgegen aller Erwartungen begann es pünktlich um 21 Uhr und zwar sofort mit einem Paukenschlag, denn das fetzige 'Pipetown' brachte die Meute unverzüglich in Wallung. Schon zu diesem Zeitpunkt wurde deutlich, daß dies heute kein chaotisches Konzert werden würde, sondern eine dem Talent von Doherty angemessene Vorstellung. Nach 'Pipedown' folgten zunächst zwei neue Titel, was logischerweise das Publikum erst einmal etwas zügelte. 'Back from the dead' verschärfte aber wieder das Tempo und die Begeisterung. Anschließend wieder eine Mischung aus neuen und alten Stücken, bevor zur völligen Überraschung aller, Kate Moss die Bühne betrat und ein paar Zeilen zu dem Titel 'La Belle et la Bête' hauchte. Die Leute waren hin und weg ob dieser Showeinlage. Nachdem das Model ihren Gesangespart absolviert hatte, verließ sie noch bevor das Lied richtig zu Ende war die Bühne und überließ den Rest des Abends ihrem Darling und seinen Mitstreitern. Die Babyshambles brachten danach ihren größten Hit 'Killimangiro' und auch 'A Rebours' war dabei. Ein Leckerbissen für Libertines-Fans gab es auch noch, denn 'Time for heroes' ließ die Fans noch mal ein wenig in Nostalgie schwenken."

All dies hatte ich verpasst, aber neben "Albion" bekam ich immerhin noch "Fuck forever" mit, zu dem Pete mit einer von einem Fan gereichten Union-Jack-Flagge ausgelassen tanzte. Überhaupt war er gut drauf, denn während(!) des Konzertes gab er bereitwillig Autogramme und sammelte immer wieder zugeworfene Schals und Mützen auf, um sie sich prompt anzuziehen. "Fuck forever" war das offizielle Ende, bevor noch drei Zugaben, u.a. "What Katie did next" angestimmt wurden. Alles in allem ein wirklich überzeugendes Konzert, was den Fans zu berechtigter Hoffnung Anlaß gibt.

von Oliver


Fields, Klaxons, Paris, 13.11.06

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Konzert: Fields, Klaxons, E.Daho, TV on the radio
Datum: 13.11.2006
Ort: Olympia, Paris
ausverkauft

Heute stand der letzte Tag des Festivals des inrocks aus und ich hatte mir trotz Müdigkeit ein ambitioniertes Programm vorgenommen. So wollte ich zunächst vor allem die jungen Engländer der Band Fields sehen, um dann mit den Elektro- Rockern Klaxons fortzufahren. Dies beides im altehrwürdigen Olympia. Der weitere Plan sah vor, nach den Klaxons die Location zu wechseln, um im Elysée Montmartre die Babyshambles zu sehen. Für beide Events hatte ich mich langfristig mit Tickets versorgt, da ich befürchtete, daß Pete Babyshamble mal wieder absagen würde, bzw. wesentlich später erscheinen würde. Nach einem etwas verhaltenen ersten Liedteil legten dann Fields gleich so richtig los und gewaltige Gitarrenwände und der sexy Gesang der blonden Sängerin erhitzten das Olympia. Seitdem ich Fields, die einen kleinen Vogel im Logo haben, zum ersten Mal im alternativen Musiksender MTV 2 gesehen habe, warte ich sehnsüchtig auf Singles, oder das erste Album der Band. Bisher wird man noch nicht einmal bei iTunes fündig, beim Merchandising-Stand konnte ich aber zumindest die Single "Heretic" erwerben. Auch mein Sitznachbar, der schon etwas älter war, war mächtig beeindruckt. "Klingt wie New Order", raunzte er mir ins Ohr. Ich entgegnete "Für mich hört sich das eher nach My Bloody Valentine an". "Ja, was die Gitarren anbelangt, haben sie recht", konterte der Brillenträger. Der Typ war nett, hatte aber eine ziemliche Bierfahne. Ich nahm mir deshalb für später vor, den Platz zu wechseln. Zunächst aber amüsierte ich mich mit ihm über das Aussehen der Sängerin. "Die sieht niedlich aus", sagte er während er durch sein Fernglas schaute. Ich konnte das mangels Sehhilfe nicht bestätigen. "Darf ich auch mal" fragte ich kurzerhand und schon hatte ich das Fernglas in der Hand. Ich bestätigte seinen Eindruck bzgl. der ganz in schwarz gekleideten Blondine mit dem süßen Pagenschnitt. Dann stimmten wir noch darüber ein, daß sie wie Blondie klinge usw. und so fort. Nachdem die sphärischen Töne nach dem Abschlusstitel verklungen waren, verabschiedete ich mich und ging nach unten, um mir von dort aus die Klaxons anzusehen.

Seit Wochen schon sieht man die
wuscheligen Burschen in jeder Ausgabe des NME. Sogar auf das Titelbild haben sie es schon gebracht. Ihr Musikstil wird als New Rave bezeichnet und für mich hört es sich so an, als hätte man The KLF mit Franz Ferdinand gekreuzt. Von einer Leinwand unterstützt, die neonfarbene symetrische Figuren und Muster zeigte, ließen es die fünf Jungspunde gleich ordentlich krachen. Schon als zweiten Titel brachten sie ihren Hit "Atlantis to interzone", der mich sehr an die 80er erinnerte. Verweise an dieses prägende Jahrzent gab es ohnehin viele, als Beispiel nenne ich nur das Verteilen von giftgrünen und roséfarbenen Leuchtstiften. Das Publikum mochte das, ohne allerdings in Extase zu geraten. Mir gefiel es nicht sonderlich*, obwohl ein paar Titel akzeptabel waren, z.B. die neue Single "Magic". Am meisten störte mich der Eindruck, daß hier ein von der Musikindustrie vorgegebener Trend gespielt wird. Das ist jetzt in, also habt ihr das jetzt toll zu finden! Ich bevorzuge Franz Ferdinand oder die Arctic Monkeys. Nach dem Konzert ging ich hinaus ins Foyer um Cécile telefonisch zu fragen, ob denn das Konzert von den Babyshambles stattfände. Sie bejahte zu meiner Überraschung und so machte ich mich auf die Söckchen, Richtung Elysée Montmartre.

*
Zitat Noel Gallagher: "New Rave? F***in' shockin'!" "I saw Klaxons in Ibiza and it was like a torture!"

von Oliver

Dienstag, 14. November 2006

We are Scientists, Live Music Hall Köln, 14.11.06

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Konzert: We are Scientists
Ort: Live Music Hall, Köln
Datum: 14.11.06
Wohl nicht ganz ausverkauft


Das, was ich bei Klee über Ralf aus Bielefeld geschrieben habe, gilt hier für Oliver. Wenn jemand, der einen guten Musikgeschmack hat, eine Band (bald oder jetzt schon) siebenmal gesehen hat, muß an der etwas dran sein. Ich hatte We are Scientists bisher zweimal gesehen, einmal als Vorgruppe, einmal bei strömendem Regen in Haldern, jeweils mit dem gleichen Set und wollte sie der Komplettheit halber auch als Hauptgruppe erleben.

In der Live Music Hall in Ehrenfeld war ich noch nicht, der Raum hat aber gleich Pluspunkte gesammelt, weil er hoch, nicht verqualmt und gut erreichbar ist.

Um Punkt acht Uhr traten eine junge Frau (Orgel) und ein Mann (Schlagzeug) auf die Bühne: Mates of state aus Connecticut. Deren Lied "Fraud in the 80s" war auf irgendeinem Sampler im Oktober und hatte mir sehr gefallen (tut es jetzt noch). Die Musik der beiden ist schwer zu beschreiben. Schlagzeug und Orgel ganz ohne Gitarren, dafür aber mit schöner Stimme sind eine reizvolle Kombination und zu meinem Erstaunen kam das auch an. Noch erstaunter war aber Sängerin Kori Gardner, als jemand aus dem Publikum Wünsche nach vorne brüllte. "Da kennt uns einer". Bei einem der Lieder kam Scientist Keith Murray zum Schlagzeug und trug "Lalalas" zum Refrain bei.

Nach einer guten halben Stunde gab der Chefaufbauer per Taschenlampe dem Mann am Mischpult Zeichen, daß es losgehen solle. Was dann kam, ließ sehr Böses erwarten: Aus den Lautsprechern quoll "Against all odds" von und mit Phil Collins. Mittig im Lied kamen die drei Scientists auf die Bühne und stimmten in das Werk ein. Von da an wurde ich mein Dauergrinsen nicht mehr los, weil das Konzert von Anfang bis Ende allerhöchste Unterhaltung bot.


Nach "Against all odds" spielten We are Scientists 16 Lieder. Das erste eigene Stück war "Cash Cow". Und das Publikum war von Anfang an aus dem Häuschen. Neben den grandiosen Albumtiteln standen eine B-Seite ("Mucho mas") und neue Lieder ("Surprise", "Best behaviour" und "Tonight tonight") auf dem Programm. Von den neuen Sachen war "Tonight tonight" (nicht von Phil Collins!) besonders einprägsam. Anfangs war nicht furchtbar viel Zeit zum Luftholen, weil ein Hit nach dem anderen kam, ohne daß nennenswerte Pausen zwischen den Liedern gemacht worden wären. Am größten war die Begeisterung bei den nacheinander gespielten "Lousy reputation" und "Nobody move". Schlagzeuger und Vollbartträger Michael Tapper war davon wohl so angesteckt, daß er bei "Nobody moves" vollkommen aus dem Takt war, was auch Sänger Keith köstlich amüsierte.

Dann aber entdeckten die ersten Stagediver, daß die Bühne zwar hoch war (1,40 m) aber nicht zu hoch für einen echten Abenteurer. Und einer nach dem anderen kletterte nach oben, um dann mehr oder weniger mutig wieder nach unten zu springen. Das nahm kein Ende mehr. Und dadurch entstanden dann doch längere Pausen. Erst fing Keith an, den willigen Springer mit Fußtritten nachzuhelfen. Später, als es immer doller wurde (Paare auf der Bühne, eine Frau, die sein Bier leertrank), übernahm das Aufbauhelferlein die Aufgabe, die Besucher zu entsorgen, indem er sie zurück in die Menge schubste. Ein herrliches Bild (siehe links). Bei einem ganz penetranten Besucher, der in einer Liedpause keinerlei Anstalten machte, endlich wieder zu springen, bat Keith, ihn dann ganz weit durch die Halle zu tragen, ganz lange, um dann noch scheinbar leise hinterherzuschicken, wir sollten ihn doch bitte auf den Boden fallen lassen. "I've never met people that liked jumping so much. It's amazing." "And we've been to Autralia."

Nach gut einer Stunde war Schluß. Das Abschiedslied war passenderweise "Great escape". Spektakulärerweise tauchte dazu Mate of State Sängerin Kori mit Kind (2?) auf, das riesige Gehörschutz-Kopfhörer und E-Gitarre trug. Die beiden tanzten aber nur im Hintergrund rum. Ein grandioses Konzert einer äußerst unterhaltsamen Band mit vielen Hits. Ich kann "We are Scientists" uneingeschränkt empfehlen.

Setlist We are Scientists:

01: Against all odds
02: Cash cow
03: Worth the wait
04: Surprise
05: Lousy reputation
06: Nobody move
07: What's the word
08: Can't lose
09: Callbacks
10: Best behaviour
11: It's a hit
12: Mucho mas
13: Textbook
14: Tonight tonight
15: Scene is dead
16: Inaction
17: Great escape

The Pipettes, Jarvis Cocker, Paris, 12.11.06

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Konzert: Tapes 'n Tapes, Arman Melies, Plan B, The Pipettes, Jarvis Cocker
Datum: 12.11.2006
Ort: La Cigale, Paris, Festival des Inrocks
Ausverkauft

Der dritte Festivaltag in Folge hinterließ auch bei mir Spuren und so mußte ich dem Kräfteverlust Tribut zollen. Die Aufnahmefähigkeit für fünf Gruppen war einfach nicht vorhanden und so mußte ich zu meinem Bedauern insbesondere die Amerikaner von Tapes 'n Tapes, die auf den Spuren von den Pixies wandeln, ausfallen lassen. Wie können die Veranstalter einen solchen Topact bloß auf 17 Uhr 30 legen? Weniger schmerzhaft war für mich der Verzicht auf den melancholischen französischen Chansonier Arman Melies und den britischen Rapper Plan B.

Der Einstieg in den heutigen Tag erfolgte somit mit dem Brightoner Girltrio The Pipettes. Zumindest in England haben sie schon für ziemliche Furore gesorgt und so war ich gespannt, ob der Hype denn wohl gerechtfertigt ist. Der rote Vorhang ging auf und Rose, Becki und Gwenno stürmten auf die Bühne. Zu meiner Überraschung ertönte nicht der Opener des Albums "We are the Pipettes" sondern ein flotter Song mit dem provokanten Titel "Sex". Sollte der Titel Programm sein? Nett anzusehen waren die drei ja ohne Zweifel, mit ihren buntgepunkteten Sixties-Kleidchen, übrigens alle mit dem gleichen Basismodell, aber jeweils individuell abgewandelt. Am schärfsten sah die große Blonde aus, wie heißt die denn und wie ist ihre Telefonnummer? Das Publikum kam allerdings nicht sofort in Wallung, sondern stand etwas phlegmatisch herum. Das änderte sich auch mit dem nächsten Song "Why did you stay" nicht wirklich und ich kann es vorwegnehmen, bis kurz vor Schluß sprang der Funke nicht über. Woran lag's? Vielleicht waren die Pariser noch etwas müde, möglich ist aber auch, daß den Leuten auffiel, daß sich die Songs letzlich doch alle sehr ähneln. Die Pipettes, die übrigens von einer vierköpfigen männlichen Backgroundband begleitet wurden, bemühten sich aber nach Kräften, Stimmung aufkommen zu lassen. Immer wieder animierten sie die Leute zu tanzen ("The best thing you can do in live") oder in die Hände zu klatschen. Sämtliche Hits wurden abgefeuert, aber weder "Judy", noch "Dirty mind" schafften es, die Halle in einen Dance-Floor zu verwandeln. Das Trio ließ aber nicht locker und so schafften sie es schließlich mit dem vorletzten und besten Titel "Pull shapes" die Menge aus der Reserve zu locken. Jetzt hätte es eigentlich so richtig los gehen können, aber es kam nur noch der letzte Song "We are the Pipettes", der ebenfalls sehr gut ankam. Ich fragte mich am Ende, ob es am Publikum lag, oder daran, daß sich das Konzept euphorischer Sixties-Pop doch zu schnell abnutzt.

Mit dem Ex-Pulpmastermind Jarvis Cocker stand nun nur noch ein Künstler aus. Ich wußte nicht so genau, was mich erwarten würde, denn sein Soloalbum war bis dato noch nicht erschienen. Der Opener, unter freundlichem Applaus der Besucher aufgenommen, fiel auf jeden Fall schon mal rockiger aus, als angenommen. Dann stelle sich der schlacksige Hornbrillenträger artig vor und vergaß auch während des ganzen Konzertes nicht, immer wieder französische Phrasen einzustreuen, was erwartungsgemäß nicht seine Wirkung verfehlte. Einmal fragte er zum Beispiel die Audienz, ob sie schon mal im Euro-Disney gewesen sei und ob das gut sei. An anderer Stelle ließ er sich zum illegalen Downloaden aus, ein Phänomen des modernen Lebens, wie er meinte. Er sprang dabei immer wieder vom Französischen ins Englische und zurück. Netterweise nannte er vorher immer jeden Namen der Lieder, denn man könne die Sachen mangels Veröffentlichung ja noch nicht kennen, es sei denn man hätte sie bereits illegal geladen. Sehr gut gefiel mir zum Beispiel "Heavy wheather", welches er allerdings als "Stormy wheather" ankündigte. Kennt er vielleicht selbst noch nicht so genau die Namen der Stücke? Fabelhaft war auch "One man show", welches er zum Aufhänger dafür nutzte, darauf hinzuweisen, daß das hier keine One man show sei, sondern daß auch die Band wichtig sei, die er daraufhin vorstellte. Für Schmunzler sorgte er mit einer Songzeile aus dem gelungenen "Tonite", die da lautete: "Let's have some drugs, let's have some sex". Ein Schlingel, der Jarvis, der hat's faustdick hinter den Ohren! Für den größten Beifall sorgte das opulente "Black Magic", bevor er mit dem provokanten Titel "Cunts are still running" das sehr schöne Konzert beendete. Jarvis, hör zu, ich kaufe die Platte im Original, o.k.?

Setlist Jarvis Cocker:
01: Fat children
02: Don't let him waste your time
03: Heavy Wheather
04: One man show
05: I will kill again
06: From.....to Ipswich
07: Tonite
08: Big Julie
09: Disney time
10: Big stuff
11: Black Magic
12: Cunts are still running the world

von Oliver



Sonntag, 12. November 2006

Bat for Lashes, Love is all, Guillemots, Midlake, Gang of Four, Paris, 11.11.06

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Konzert: Bat for Lashes, Love is all, Guillemots, Midlake, Gang of Four
Datum 11.11.2006
Location: La Cigale, Paris
Zuschauer: fast ausverkauft

Los ging es heute bereits um 17.30 Uhr, denn schließlich traten im Rahmen des Festival des Inrocks fünf Gruppen auf. Den Auftakt machten in der bereits zu dieser frühen Stunde gut gefüllten Cigale Bat for Lashes. Hinter dem Namen verbirgt sich die junge und sehr hübsche Natascha Khan, übrigens verwandt mit dem hervorragenden Squash-Spieler. Die regelmäßig als Squaw auftretende Musikerin, die ich dieses Jahr bereits zum zweiten Mal sah, wird von drei jungen weiblichen Bandmitgliedern begleitet, die übrigens erstaunlich talentiert, munter die Instrumente wechseln. Mal sitzt Natascha am Klavier, mal ihre Freundin, etc. Den Musikstil könnte man als feenhaften Folk-Pop bezeichnen, aber es ist nicht so leicht das Ganze in eine vorgefertigte Schublade zu stecken, da Natascha erfreulicherweise viele neue, gute Ideen einbringt. Stimmlich wird als Referenz immer wieder Björk genannt, auch der Name Kate Bush fällt ziemlich häufig. Toll ist, daß die Musik gut hörbar bleibt, trotz des experimentellen Einschlags. Streicher kommen hier zum Einsatz, immer wieder eine Rassel, Handclaps, das Piano natürlich auch und auch eine große Trommel, auf die Natascha bei einem Titel gemeinsam mit ihrer Bandkollegin einhämmerte. Besonders aufgefallen ist mir bei dem leider ziemlich kurzen Set insbesondere das Lied "The Wizard", übrigens dem gerade erschienenen Debütalbum "Fur and Gold" entnommen. Hier passte der Vergleich mit Kate Bush ziemlich gut, aber die stimmliche Bandbreite von Fräulein Khan reicht viel weiter. Mir hat es auf jeden Fall sehr gut gefallen.

Nach ein
er kurzen Pause geht dann der rote Vorhang auf für die fünf jungen Schweden von Love is All. Die körperlich Kleinste ist hier die Größte, ich spreche von der zierlichen blonden Sängerin Josephine Olausson, die völlig ungeniert die freche Punk-Göhre raushängen läßt. Stimmlich könnte man sie mit Minni Mouse vergleichen, denn sie piepst so schrill, daß sie womöglich Glas zum Bersten bringen könnte. Mir kam sofort der Vergleich zu einer Band aus den sehr frühen 80ern namens Altered Images, die mit dem Song "Happy birthday" einen Hit hatten. Ansonsten passt natürlich wie so oft bei einer weiblichen Punksängerin der Vergleich zu Blondie. Blondie ist auch deshalb als Referenz geeignet, weil Debby Harry zu einer Zeit aktiv war, in der ein schrilles Saxophon jedes Lied verziert, bzw. versaut hat. Ich spreche natürlich von den späten 70ern, bzw. frühen 80ern. Ja, ja ein Saxophon gibt es bei Love is all, es ist nicht zu überhören. Gestartet wurde das Set übrigens von dem fetzigen "Talk Talk Talk" und beendet wurde es von dem bisher größten Hit "Make out fall out make up". Leider ging das Publikum nicht sonderlich mit, aber es spendete zumindest artig Applaus.

Dann folgte der übliche Umbau bevor die Kritikerlieblinge Guillemots die Bühne betraten. Zunächst sah man aber nur einen und zwar Sänger und Pianist Fyfe, der mit Clochard-Hut-und-Mantel die Ballade "My chosen one" vortrug. Stimmlich war er voll auf der Höhe, da gab es überhaupt nichts auszusetzen, selbst wenn man den Musikstil der Guillemots nicht sonderlich mag. Dann kam die erstaunlich heterogene Band (sind die gecastet?) dazu, wobei insbesondere die hübsche Kontrabass-Spielerin ins Auge stach. Gespielt wurden natürlich Songs des Debütalbums "Through the Windowpane", das von den Kritikern mit Lob nur so überschüttet wurde. Nach dem heutigen Abend meine ich zu Recht. Selbst wenn man den etwas schmalzigen und überfrachteten Stil nicht schätzt, so muß man doch fairerweise die Kreativität und die Musikalität dieser Gruppe, deren Mitglieder übrigens aus vielen verschiedenen Nationen stammen, anerkennen. Ein Höhepunkt für mich war der beschwingte "Made-Up Lovesong#43", dessen Titel Sänger Fyfe mit etwas Mühe ins Französische übersetzte. Er weiß wahrscheinlich, daß es bei Franzosen immer überaus gut ankommt, ein paar französische Sätze anzubringen. Anbiedernd fand ich diese Geste aber nicht. Das Set, welches u.a. auch "Anni let's not wait" umfasste, ebenso wie den Titeltrack, wurde wie auch auf dem Album von dem fabelhaften "Sao Paulo" abgeschlossen, ein Titel, der sich über 11 Minuten erstreckt, ohne allerdings langweilig zu werden. Ich war jedenfalls ziemlich begeistert, auch wenn ich Cécile noch nicht so richtig überzeugen konnte.

Als vorletzte Gruppe des Abends durften dann die fünf eher schüchternen Texaner von Midlake zeigen, ob die Lorbeeren, die sie von Kritikern für ihr Album "The Trials of van occupanther" erhalten hatten, zurecht verteilt wurden. Midlake hatte ich dieses Jahr bereits als Vorgruppe der Flaming Lips gesehen und einen recht positiven Eindruck gewonnen. In der Zwischenzeit ist deren aktuelles, oben erwähntes Album schon so einige Male durch meinen i-pod gelaufen und ich habe es sehr lieb gewonnen. Bereits der dritte Titel des Sets stellte für mich dann ein erstes kleines Glanzlicht dar. Romantische Geigentöne erklangen, gefolgt von einem behutsam gesetzten Schlagzeug, bevor der sich durch den ganzen Song erstreckende markante Basslauf einsetzte. Gemeint ist das wunderschöne Lied "Young bride", für mich eine der besten Singles des Jahres. Fast jedes Lied wurde übrigens visuell durch richtige kleine Spielfilme unterstrichen, hier kamen folglich auch die Cineasten auf ihre Kosten. Weitere Höhepunkte waren das gesanglich etwas an Thom Yorke erinnernde "Branches" und eine der wenigen schnelleren Nummern "Roscoe". Insgesamt dominierten aber eher die ruhigen, sentimentalen Stücke, denen etwas herrlich Altmodisches innewohnt. Viele Musikkritiker zitieren immer wieder etwas mittelmäßige Bands aus den 70ern, wie z.B. Crosby & Nash, oder auch Fleetwood Mac. Diese Vergleiche können aber in die Irre führen, denn es handelt sich eher um das Phänomen, das Midlake einen Sound kreieren, der wegen seiner Unaufgeregtheit und Gediegenheit so gar nicht in die heutige Zeit passen will. Ich habe jedenfalls wieder einen sehr positiven Eindruck gewonnen, obwohl ich zugeben muß, daß mich allmählich nach etwas schnellerer, härterer Musik dürstete.

Von den Postpunk-Veteranen der Gang of Four wurde dieses Bedürfnis allerdings hervorragend gestillt. Vor deren Auftritt stellte ich mir zusammen mit Cécile und einem sehr netten deutschen Mädchen, mit dem sehr französich klingenden Namen Odile die Frage, ob denn die Band aus Leeds auch heute noch etwas tauge. Wer Musikzeitschriften liest, weiß, daß deren zeitweise vergriffenes Album "Entertainement" als eines der besten und einflußreichsten der Rockgeschichte gilt. Aktiv war die vierköpfige Band übrigens offiziell von 1977 bis 1984, ehe sie sich 2004 in der Urbesetzung neu formierten. Die Band besteht aus Jon King (Gesang), Andy Gill (Gitarre), Dave Allen (Bass) und Hugo Burnham (Schlagzeug). Unsere Zweifel, ob es Sinn macht, in dem Alter noch mal ein Comeback zu starten, wurden bereits nach dem ersten Titel eindrucksvoll weggewischt. Jon King stürmte wie ein wildgewordener Gorilla auf die Bühne, hüpfte mit ausgebreiteten Armen in der Hocke von links nach rechts und stellte sich oft beschwörend wie ein Guru vor die schnell in Extase geratene Menge. Es ging ganz gewaltig der Punk ab und schnell wurde in den vorderen Reihen Pogo getanzt. Neben dem wie sich wie ein Psychopath gebärdenden Sänger wirkten natürlich die messerscharfen Bassläufe und stakkatischen Gitarrenriffe als Stimulanz. Nicht nur ich war sprachlos, ob dieses Spektakels. Ich verwende dieses Wort nicht gerne, aber hier passt es: es war saugeil! Die alten Hits wurden abgefeuert, daß es nur so krachte.Von Highlights will ich eigentlich nicht sprechen, da es gar keine Verschnaufpause gab, ich würde als erstes ganz großes Glanzlicht aber trotzdem "At home he's a tourist" bezeichnen. "At home he feels like a tourist, he fills his head with culture, he gives himself an ulcer (Magengeschwür!)", schmetterte Jon King der wilden Masse in die Fresse. Hierzu stellte er sich ganz nah an den Bühnenrand und peitschte die Leute hektisch gestikulierend noch zusätzlich auf. Alle waren außer Rand und Band, auch mir zuckte es gewaltig in den Füßen. Manchmal wurde bewußt ein ruhigeres Lied eingestreut, damit sich Jon, der schweißgebadet war, ein wenig erholen konnte. Manchmal lag er halbtod auf dem Boden, nur um dann beim nächsten Titel noch mehr aufzudrehen. Spektakulär war eine Passage, in der Herr King mittels einer kurzen Eisenstange auf eine bereitgestellet Mikrowelle einprügelte. Schon nach kurzer Zeit hatte das Gerät gewaltige Dellen in der Mitte, bevor sich dann der Psychopath kurzerhand das Ding unter die schlaksigen Arme packte, um es mit Wut auf den Boden zu pfeffern. Das Publikum wieherte vor Vergnügen. Ruhiger und gespenstisch monoton und depressiv wurde es dann mit dem Lied "Anthrax", ein Titel, den man vor fünf Jahren bestimmt nicht hätte spielen dürfen. Mir lief ein kalter Schauer über den Rücken, so ungefähr habe ich mir Joy Division vorgestellt! Letztes Lied des offiziellen Sets war dann "To hell with poverty", ein Titel der auf die Neo-Marxistische Vergangenheit der Band hinweist. Der Song stellt geradezu ein Paradebeispiel dafür da, wie viele aktuelle Bands noch von der Viererbande beeinflußt sind, denn nicht nur ich stellte fest, daß "I need your love" von The Rapture stark von "To hell with poverty" abgekupfert wurde. Danach schlichen die alten, aber unglaublich dynamischen Herren erstmal von der Bühne. Was Zugabe sein würde war hier (fast) jedem klar. Natürlich "Damged goods", das noch mal gewaltig aufmischte. Unter völlig verdientem frenetischen Applaus verließen die Engländer dann den Ort des Geschehens. Ich war völlig platt, aber auch tief beeindruckt von diesem Spektakel. Die Senioren hatten den Jungspunden nochmal gezeigt, wo der Hammer hängt.

von Oliver



Samstag, 11. November 2006

Sufjan Stevens, Köln, 10.11.06

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Konzert: Sufjan Stevens
Ort: Gloria Köln
Datum: 10.11.2006
Zuschauer: Ausverkauft

Ich mag Veranstaltungen im Gloria besonders gerne, weil die Atmosphäre in dem Theater perfekt für schöne Konzerte ist. Vielleicht liegt das auch ein wenig daran, daß ich da mit Klee, Divine Comedy und Silje Nergaard bisher nur Highlights erlebt habe. Diese Bands kannte ich allerdings vorher gut, zu Sufjan Stevens ging ich recht unbefleckt. Außer ganz wenigen Liedern und ein paar Geschichten rund um den Songwriter, der über jeden US-Staat eine Platte schreiben möchte (die zum Beispiel), kannte ich nichts.

Das Publikum in der langen Schlange vor dem Gloria war schon ziemlich anders als das im Palladium am Vortag; ich hatte manchmal das Gefühl, die Eltern der kleinen Mädchen vom Mando Diao Konzert vor mir zu haben.

Im knallvollen Gloria trat dann irgendwann eine zierliche Frau mit E-Gitarre und blauer Wollbaskenmütze auf die Bühne. Sie stellte sich als St. Vincent vor und begann gleich mit einem märchenhaft schönen Lied namens "Paris is burning". Annie Clark (bürgerlich) spielte Gitarre, Klavier, stampfte ab und zu mit festen Tritten auf und instrumentierte damit ihren wundervollen Gesang. Nach acht sehr schönen Liedern (darunter "Marry me"), Unverständnis über Unwissenheit des Publikums, das Johnny Hartman nicht kannte ("Oh my god, where am I?") trat St. Vincent von der Bühne.

Nach kurzer Pause ging dann ein echtes Spektakel los. Die vielen Instrumente auf der Bühne ließen schon erahnen, daß eine ziemlich musikalische Band kommen sollte. Bevor dann aber die Band erschien, wurden zuerst zig aufgeblasene Nikoläuse und Supermänner überall auf der Bühne verteilt. Das Klavier war kaum noch zu sehen. In dem Stil ging es dann auch weiter, als die Band und Sufjan Stevens auf die Bühne traten. Stevens trug Plastik-Adler-Schwingen auf dem Rücken, seine Band (u.a. St. Vincent) Federmasken und Schmetterlingflügel. Die mit Instrumenten, Superhelden und Nikoläusen vollgestopfte Bühne wäre schon für die neun- (oder zehn-?) köpfige Band zu klein gewesen, die Flügel machten sämtliche Bewegungen noch schwieriger.

Foto: Dirk

Das anderthalbstündige Konzert begann mit dem wundervollen Sister. In der nächsten Pause stellte sich Stevens vor: "Hello, my name is Siegfried Stevens", um dann zu erzählen, daß Deutsch seine erste Fremdsprache gewesen sei und so wie John Johannes bedeute, heiße sein Name eben Siegfried. Das Publikum war schon weitestgehend lied- und textsicher, also wenig Laufkundschaft wie ich. "Casimir Pulaski Day" stellte er vor als Lied über einen polnischen Einwanderer (in Illinois?). Die, die merkten, worum es geht, haben applaudiert, worauf Sufjan scheinbar erstaunt mit "Ach, der ist hier auch so beliebt" reagierte. Vor "Predatory Wasp" kam eine lange Einleitung über ein traumatisches Erlebnis, des aquaphoben jungen Sufjan, in einem Ferienlager, in dem geschwommen, gerudert und sonstwie am Wasser Zeit verbracht wurde. Die Geschichte war lang aber amüsant. Vor seinem Superman gewidmeten Lied flogen dann die aufgeblasenen Helden ins Publikum. Ich stand links, da flogen keine hin. Vor "Worst Christmas" flogen dann die Nikoläuse hinterher, ein wirklich sehr schönes Bild. Damit paßte es perfekt zum Abend, denn das Konzert war einfach schön, musikalisch herausragend, stimmungsvoll und abwechslungsreich. Der reguläre Teil endete mit dem Hit "Chicago", dem nach kurzer Pause drei Zugaben folgten. Ich war nicht alleine mit meiner Meinung, die Begeisterung des Publikums war riesig.




Setlist:

 

Konzerttagebuch © 2010

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