Montag, 7. März 2016

Savages, Köln, 03.03.16


Konzert: Savages
Ort: Luxor, Köln
Datum: 03.03.2016
Dauer: Savages 80 min, Bo Ningen gut 30 min
Zuschauer: 500 (ausverkauft)



Mein erstes Savages-Konzert 2013 in Frankfurt hatte mich auf dem falschen Fuß erwischt. Ich war nicht sicher, ob mir die Musik der englischen Band mit der französischen Sängerin nicht zu hart sein würde. Ich ging aber trotzdem hin, denn - wie die Titanic mal festgestellt hat - nur wer ein Abo hat, kann auch damit drohen, es zu kündigen. 

Es gab hinterher keinen Grund zum Lästern. Auch nach keinem meiner folgenden Savages-Konzerte. Live ist die Band ein Ereignis und soviel besser als fast alle anderen! 


Mein letzter Livekontakt zu den Londonerinnen war eines der spektakulärsten Konzerte der vergangenen Jahre. Gemeinsam mit der japanischen Indiemetal-Band Bo Ningen führten Savages ein dadaistisches Musikstück (Words to the blind) auf. Dabei standen Savages auf einem Steg links im Saal, Bo Ningen rechts, Musiker hinter Musiker. Das Stück begann mit parallel vorgetragenen Texten der beiden Sänger in ihren Landessprachen, durch die Gleichzeitigkeit vollkommen unverständlich, und führte über schrecklich wenig harmonische Phasen, in denen die beiden Bands eher gegen- als miteinander spielten zu einem etwas homogeneren Ende. Der Nachmittag in Utrecht war ein einmaliges Erlebnis. Da Words to the blind für mich auf Platte unhörbar ist, war ich trotz des Erlebnisses froh, Savages wieder einzeln zu sehen. Wobei Bo Ningen auch wieder dabei waren, diesmal aber als Support.

Das Luxor war erstaunlicherweise erst ein, zwei Tage vor dem Konzert ausverkauft. Wie großartig Savages sind, hätte man doch nachlesen können! Außerdem schwärmte wirklich jeder vom Haldern-Auftritt der vier Londonerinnen. 

Bevor Bo Ningen auf die Bühne kamen, hatte ich meinen Konzertfreunden großkotzig erklärt, daß mir der Heavysound der japanischen Band eigentlich viel zu hart sei und ich froh über meine Ohrstöpsel sei. Ich merkte die mitleidigen Blicke, als Bo Ningen um acht mit einer ganz ruhigen, ziemlich leisen Nummer begannen, die von Metal so weit entfernt war wie Hannover 96 von der Champions League. So wird das nie was mit der Einladung in die Chartshow.

Glücklicherweise drehte die in London lebende Band danach richtig auf. Die Haare der vier Musiker flogen, ab und zu gab es einen Ausdruckstanz des Sängers, während der ganz in rot gekleidete Gitarrist sein Instrument wie Windmühlenflügel kreisen ließ. Da war es mir endlich zu hart und metalig. Aber die halbe Stunde mit Bo Ningen war erstaunlicherweise trotzdem hoch unterhaltsam und für Leute mit mehr Rockhintergrund sicher musikalisch vorzüglich!



Die 80 Minuten Savages im Anschluß als kurzweilig zu bezeichnen, würde der Sache nicht gerecht werden. Ich hätte alleine Bassistin Ayse drei Stunden lang zugucken können. Und ich kann mir nicht vorstellen, schon jemand Cooleres am Bass gesehen zu haben. Auch die anderen beiden, die auf den ersten Blick im Schatten von Sängerin Jehnny Beth stehen, Gitarristin Gemma Thompson und Schlagzeugerin Fay Milton, sind irre tolle Musiker. Fays Schlagzeugspiel gar nicht spektakulär aus, weil sie sich nicht wie eines dieser Drummer-Tiere bewegt. Sie spielt aber so energisch und präzise, daß es eine große Freude ist, ihr zuzusehen. Savages sind einer dieser Bands, denen es sehr weh tun würde, einzelne Mitglieder ersetzen zu müssen, zu gut sind die überall besetzt. Aber das fällt eben nicht unbedingt auf, weil die Frontfrau so schillernd ist.


Jehnny machte Ausflüge ins Publikum, ließ sich durch den Saal tragen, zog früh ihre Jacke auf, unter der sie sehr luftig gekleidet war. Getragen wurden diese Freiheiten von den perfekten Begleiterinnen. Es gab einen Fotograben im Luxor, den gibt es nicht oft. Aber Fotografen hatten keinen Zugang, er war einzig für Jehnnys Ausflüge gedacht.


Musikalisch war der Auftritt weniger das Abspielen von 15, 20 Liedern als ein einiges langes Stück. Es gab zwar meist Pausen zwischen den Songs, einmal auch länger, als Jehnny eine Weile im Backstagebereich verschwand, und es gab auch ruhigere Lieder (Slowing down the world - "a slow sexy one"), trotzdem wirkte es wie ein langes Stück. Sad person am Anfang und 80 min später Fuckers.


Savages spielten das ganze neue Album Adore life und dazu ein paar Knüller von der ersten Platte und wie immer zum Abschluß Fuckers. "Don't let the fuckers get you down." Das und Adore davor ließen auch keinen Platz für Zugaben. Warum auch? Es war alles gesagt. Viele bessere Konzerte werde ich dieses Jahr nicht mehr sehen.

Setlist Savages, Luxor, Köln:

01: Sad person
02: City's full
03: Slowing down the world
04: Shut up
05: She will
06: Husbands
07: Surrender
08: Evil
09: When in love
10: I need something new
11: The answer
12: Hit me
13: No face
14: T.I.W.Y.G.
15: Mechanics
16: Adore
17: Fuckers

Links:

- aus unserem Archiv:
- Savages, Haldern, 14.08.15
- Savages (& Bo Ningen), Utrecht, 22.11.14
- Savages, Köln, 20.11.13
- Savages, Den Haag, 16.11.13
- Savages, Larmer Tree Gardens, 30.08.13
- Savages, Frankfurt, 19.05.13
- Savages, Paris, 23.02.13




 

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